Teil 7
"Wenn die Neuankoemmlinge an den
Lagern voruebermarschiereen, bemuehten sie sich, die
Haeftlinge zu fragen: »Wo sind wir?« Und viele wussten schon, wenn sie den Namen »Auschwitz« hoeren, was sie erwartete ... Sobald die Menschen in den Lastautos oder zu Fuss am Krematorium anlangten, wurden sie in zwei Gruppen geteilt, die Maenner gesondert und die Frauen mit den Kindern gesondert, und jede Gruppe wurde in ein anderes Krematorium gefuehrt. Im Krematorium kamen sie zuerst in den »Auskleideraum des Todes«. Dort wurden sie aufgefordert, sich auszuziehen, ihre Kleidung ordentlich hinzulegen, die Schuhe zusammenzubinden und sich die Nummer des Kleiderhakens genau zu merken, »um nach dem Bad und der Desinfektion alles leicht wiederzufinden«. Dann befahl man ihnen, in den Baderaum zu gehen das heisst in die Gaskammer. Hinter ihnen wurde nun die Tuer dicht verschlossen, und statt das Wasser fliessen zu lassen, wurden die Zyklonkristalle von oben in die Luftschaechte hineingeschuettet. Die Todesqual dauert kuerzere oder laengere Zeit, je nachdem, wie viele Menschen sich in der Kammer befanden und wie stark die Dosis des Gases war. Manchmal dauert es zwanzig, laengstens dreissig Minuten; doch kam es vor, dass sich die Opfer wegen Mangels an Gas auch mehrere Stunden quaelen mussten. Die SS-Maenner, die die Krematorien bedienten und zur Ermutigung eine gehoerige Portion Alkohol bekamen, beobachteten durch die verglasten Fensterchen, wie die Menschen starben ... Die Ungluecklichen wurden sich manchmal bewusst, dass sich etwas Furchtbares vorbereitete, denn im gleichen Masse, wie der Vorgang des Entkleidens foreschritt und das Hineintreiben in die Gaskammern begann, fiel die Maske des Anstands und der Hoeflichkeit der SS-Wachen, die sich anfangs verstellt hatten und mit den Menschen relativ hoeflich umgegangen waren. Sobald die SS-Leute die nackten Opfer hilflos vor sich hatten, zeigten sie sich in ihrer ganzen Bestialitaet. Sie schlugen sie, beleidigten sie und schaendeten sie. Vor allem die letzten kleinen Gruppen, die sich mit Muehe gerade noch in die vollgestopfte Kammer hineinzwaengen konnten, misshandelten sie ohne jede Ruecksicht. Der Kommandant des Krematoriums, Moll, bediente sich besonders gemeiner Methoden: er jagte die Menschen mit Pistolenschuessen in die Kammern. Wenn die SS-Leute durch das Fensterchen den Tod der Opfer festgestellt hatten, schalteten sie die Entlueftungsanlage ein, durch die die vergiftete Luft aus den Kammern abgesaugt wurde. Dann oeffneten sie die Kammer. Diese bot einen erschuetternden Anblick: dicht aneinandergedraengt standen die erstarrten Koerper aufrecht da, in verzweiflungsvollen Verrenkungen, mit blaeulichen Flecken auf der Brust, viele zerfleischt und blutueberstroemt. Es kam vor, dass in der Kammer eine tote Mutter mie einem noch lebenden Kind gefunden wurde, das so fest an ihre Brust gepresst war, dass es nicht genug Gas hatte einatmen koennen. Sie erschossen es und warfen es zu den anderen Leichen. Bestand der Transport aus weniger als 100 Personen, so dass sich ihr Vergasen nicht »gelohnt« haben wuerde, erschoss man die Menschen, nachdem sie sich entkleidet hatten, gruppenweise im Hinrichtungsraum. Der Schuetzenvirtuose Moll pflegte die Menschen zu fuenft aufzustellen und bemuehte sich, sie mit einer Kugel niederzuschiessen, »um Munition zu sparen«. Die Leichen wurden aus den Kammern gezerrt und in den Aufzug verladen, der sie auf besonderen, mit dem Ofen angepassten Blechrinnen versehenen Loren in die Verbrennungskammern befoerderte. Aus den Kaminen quoll tagsueber dichter schwarzer Rauch, dessen widerlicher Gestank sich ueber die ganze Umgebung ausbreitete, und nachts loderten aus ihnen mehrere Meter hohe Flammen, die noch in grosser Entfernung sichtbar waren. Wie konnte das Leben der Haeftlinge sein, die hier lebten und diesen Rauch und diese Flammen staendig sahen? Diese Flammen waren die eigentliche Ursache der allgemeinen Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit der Haeftlinge, ein Zustand, der durch die sonstigen Bedingungen noch verschlimmert wurde. Die SS und die Haeftlingsvorgesetzten drohten den Lagerinsassen mit dem Kamin ja auch oft genug. Gab es keine Transporte, so reparierte und reinigte das Sonderkommando die Oefen und Gaskammern, brachte das Gelaende in Ordnung und beseitigte die Asche. Die Ueberreste der verbrannten Knochen wurden zerstampft, und mit der Menschenasche fuellte man die Gruben in der Umgebung des Krematoriums aus. Spaeter wurde die Asche in die Weichsel geschafft."
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