Teil 11

"In Begleitung der vorrückenden Heerestruppen befanden sich kleine, motirisierte Tötungskommandos der SS und Polizei, die taktisch den Militärbefehlshabern unterstanden, ansonsten jedoch bei der Erledigung ihres Sonderauftrags freie Hand hatten. Aufgrund besonderer Absprachen operierten diese mobilen Tötungseinheiten im Frontgebiet in einziger Partnerschaft mit der Wehrmacht. Um zu verstehen, wie es zu dieser Partnerschaft kam, ist es erforderlich, sich die beiden Partner näher anzusehen: die deutsche Wehrmacht und das Reichssicherheitshauptamt der SS und Polizei.

Die Wehrmacht bildete eine der vier unabhängigen Hierarchien der Vernichtungsmaschinerie. Anders als Partei, Verwaltungsapparat und Wirtschaft spielte sie in der Vorbereitungsphase des Vernichtungsprozesses keine maßgebliche Rolle; doch der Fortgang dieses Prozesses verstrickte jedes Segment des deutschen Gesellschaftsgefüges unerbittlich in das Vernichtungswerk. Wir erinnern uns, daß sich die Wehrmacht bereits 1933 an einer Defintion der »Juden« interessiert zeigte. Später wurde sie von den Enteignungen jüdischer Rüstungsbetriebe tangiert. In Polen entgigne die Generälre nur knapp einer Verwicklung in den anlaufenden Konzentrationsprozeß. Doch nun, mit Beginn der mobilen Tätungsaktionen, fand sich die Wehrmacht unversehens im Zentrum des Holocaust wieder. Die Verstrickungg der Wehrmacht reichte von der Spitze des Oberkommandos bis hinab zu den einzelnen Truppengliederungen."

  • Raul Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, S. 289